Lernen und Lehren mit digitalen Tools verändert Unterricht. Wir verlassen altbekannte Wege um uns auf etwas Unbekanntes einzulassen. Wir sind motiviert und überzeugt, dass das Neue unsere Möglichkeiten erweitert und uns zukunftsfähig macht.
Wer diese Perspektive aber nicht teilt, wird sich auch nicht auf Veränderungen einlassen. Doch der Weg zum Erfolg muss von einer breiten Basis gemeinsam gegangen werden. Neben technischen und rechtlichen Aspekten geht es bei der Umsetzung von Unterricht 2.0 vor allem um Haltungen.
„Es genügt nicht, dass man zur Sache spricht. Man muss zu den Menschen sprechen.“
Stanislaw Jerzey Lec (Polnischer Schriftsteller)
Dies war der Ansatz, der dem Pädagogischen Tag im Oktober 2016 mit dem Thema "Medienpass praktisch - Lernen und Lehren mit digitalen Tools" zugrunde lag.
Die Aufgabe, ein Fortbildung für ein etwa 80köpfiges Kollegium zur praktischen Umsetzung des Medienpasses zu organisieren, war eine Chance diese Haltungen zu öffnen - aber zugleich auch eine große Herausforderung.
Ziel
Eine grundsätzliche Offenheit gegenüber digitalen Medien im Unterricht, gerne gepaart mit Neugier sollte ebenso wie die Bereitschaft neue Methoden und digitale Werkzeuge für den eigenen Unterricht zu nutzen, geweckt werden. Möglichst viele mit einer konkreten Unterrichtidee im Gepäck nach Hause zu entlassen war ein Ziel.
Methode
Um die Haltung einzelner gegenüber dem Einsatz von Smartphone, Tablet & Co. zu öffnen, waren folgende Aspekte wichtig:
-
niederschwellig: Die Angebote sollten mit keinen bis geringen Vorkenntnissen und unter den gegebenen technischen Voraussetzungen umsetzbar sein.
- unterrichtspraktisch: Jeder Kollege sollte einen fachdidaktischen Nutzen entdecken und selbst eine mögliche Unterrichtsskizze entwickeln
- erfolgseffizient: Erfolg wirkt positiv emotional, verankert sich im Gedächtnis. Aufgrund dieses Effekts ist man im Folgenden bereit Neues auszuprobieren, Neues zu denken. Deshalb sollten die Angebote möglichst Erfolgserlebnisse verschaffen, überraschen und begeistern. Digitale Tools haben diese Potentiale, sie werden spürbar im eigenen Tun und Ausprobieren. Motiviert durch Erfolg, erhöht sich auch die Frustrationstoleranz (die häufig unabdingbar ist).
Voraussetzungen
- Personell: Kleine Arbeitsgruppen (!) , bei denen eine gute Begleitung durch den Moderator möglich ist und jeder Teilnehmer selbst am eigenen Gerät Erfahrungen macht.
- Technisch:
-
- WLan für alle Kollegen
- In den Arbeitsräumen sollte eine Möglichkeit vorhanden sein, Bildschirminhalte für alle sichtbar zu machen (Smartboard oder WLan-Beamer)
- eigene Geräte: Jeder Kollege sollte mit seinem Gerät arbeiten. Nahezu alle besitzen ein Smartphone, mehr als gedacht auch ein Tablet. Mit diesen Geräten könnten künftig auch die Schüler*innen im Unterricht arbeiten. Die Unterrichtsvorbereitung erfolgt häufig am heimischen PC, also nutzen wir auch die Computerräume oder eigene Laptops. Der Vorteil liegt auf der Hand: Das eigene Gerät ist den Kollegen vertraut, was man im Unterricht später machen will, kann man bequem vorher ausprobieren. Das verleiht Sicherheit und gibt Vertrauen.
Die Haltung der Teilnehmer zum Thema und ihre Motivation zur Mitarbeit am Fortbildungstag sind ein Baustein für seinen Erfolg. Deshalb wurde bei der Organisation das "Drumherum" in den Blick genommen:
- Zeitplanung: Früh kommen - früh gehen ist ein Zeitplan, der zum Schulalltag passt. Das Prinzip bringt also auch am Fortbildungstag die Routine weniger durcheinander als ein Termin, der sich bis in den späten Nachmittag zieht. Das bedeutet weniger Organisationsstress... und damit eine größere Chance auf eine positive Grundhaltung.
- Verpflegung: Das leibliche Wohl scheint ein psychologischer Gelingensfaktor zu sein, der nicht zu unterschätzen ist.
- Fortbildungsort: Der Raum als dritter Pädagoge kann zum Gespräch einladen: Das Thema wird auf vielerlei Weise präsentiert: Stellwände mit Karikaturen, grafischen Darstellungen, Zeitungsartikeln, Fotos, Zitaten, Klapptafeln, Erklärfilmen, Material zum Mitnehmen... dazu Stehtische auf denen Klappfragen und Flyer liegen. ("Klappfragen" oder "Klapptafeln" nenne ich analog "interaktive" Fragekarten: Vorderseite: Frage, Rückseite: Antwort oder Grafik, die die Antwort geben kann)
- "Lernprodukt": Was man in Händen hält, kann man nach Hause tragen. Deshalb erhielt jeder Teilnehmer einen Flyer mit Kurzinfos zum Tag und QR-Codes, auf denen wichtige Infos (z. B. Medienpass NRW) verlinkt waren. Auf dem Flyer sollten aber auch die individuellen Ergebnisse notiert werden und die Zuordnung der digitalen Tools zu den verschiedenen Kompetenzbereichen des Medienpasses erfolgen.
- Das Fortbildungswiki war auf diesem Flyer ebenfalls verlinkt, stellte alle Inhalte noch einmal ausführlich vor und steht auch nach der Fortbildung weiter zur Information zur Verfügung
- Ein Etherpad zur Sammlung von Eindrücken und Kommentaren war eingerichtet und wurde im Forum per Beamer projiziert.
- Eintreffen der Teilnehmer im als Lernraum gestalteten Forum der Schule
- Kaffee und Brötchen, Zeit für Gespräche, Durchatmen
Einstieg
- Begrüßung, Infos zum Ablauf
- (kurzer!) 20-minütiger Impulsvortrag zum Thema des Tages "Medienpass ganz praktisch - Lernen und Lehren mit digitalen Tools"
- Arbeitsauftrag:
-
- Entwickeln Sie für jedes vorgestellte Tool eine konkrete Unterrichtsidee, die Sie auf dem Fortbildungsflyer festhalten.
- Ordnen Sie Ihre Idee einem Kompetenzbereich des Medienpasses NRW zu und
- teilen Sie Ihre Überlegungen auf dem Medienpad zum Fortbildungstag.
Sessions
Die einzelnen Sessions waren bewusst mit 60 - 75 Minuten kurze Häppchen. Sie sollten Appetit anregen, Impulse geben, Neugier wecken... Eine vertiefende Einarbeitung konnte und sollte gar nicht erfolgen.
Der Aufbau der Sessions gliederte sich in drei Phasen:
- Vorstellung des Tools mit unterrichtspraktischen Beispielen
- Eigenes Handeln der Teilnehmer mit dem Tool: Entwicklung einer konkreten Unterrichtsidee
- Vorstellung und Reflexion:
- Welche Erfahrungen hab ich als Lerner gerade mit dem Tool gemacht?
- Welche Einsatzmöglichkeiten sehe ich für meinen Fachunterricht?
- Welchen Mehrwert bietet das Tool? Wie verändert der Einsatz den Unterricht? (Chancen/Schwächen?)
(Einige Sessions waren aufgrund ihres Themas von dieser Struktur und Fragestellung natürlich ausgenommen.)
Pausen
Zwischen den einzelnen Sessions standen 30-minütige Pausen zur Verfügung, um miteinander zu reflektieren oder diskutieren. Anlass zum Gespräch konnte im gestalteten Lernraum auch das Material oder das projizierte Etherpad bieten.
Reflexion
Eine Zukunftswerkstatt bildete den Abschluss des Tages: Hier boten Flipcharts Möglichkeit den Tag zu reflektieren und Wünsche für die Zukunft der Schule und des Unterrichts zu äußern.
... und wie war's?
Im Vorfeld war Skepsis spürbar... daher stand für mich wahrscheinlich auch die Frage im Zentrum: Wie erreicht man eine offene Haltung, lenkt Einstellungen und beeinflusst Überzeugungen?
Überraschenderweise war das Feedback überwiegend positiv. Sowohl auf den Flipcharts, als auch bei der folgenden digitalen Evaluation äußerten viele Kollegen Zufriedenheit. Vor allem der praktische Nutzen des Erlernten, der Bezug zum Fachunterricht, die Abwechslung und Vielseitigkeit der Themen wurde gelobt.
Natürlich kann man nicht alle erreichen. Doch die Unentschlossenen hat der Tag bewegt. Jetzt heißt es dranbleiben!
Manöverkritik
- Die Fortbildung war personalintensiv. Dennoch würde ich die Organisation in kleinen Lerngruppen immer wieder anstreben. Vielleicht wäre es möglich als Medienberaterin die Steuergruppe einer Schule soweit in der praktischen Umsetzung des Medienpasses am Beispiel einiger digitaler Tools zu schulen, dass die Steuergruppe selbst mit Unterstützung der Medienberater einen Pädagogischen Tag an ihrer Schule durchführen kann.
- Aufgrund unseres Referentenmangels haben dies Multiplikatorenmodell bei uns drei Kolleg*innen praktiziert. Was eigentlich aus der Not geboren wurde, war in der Praxis vielleicht ein Vorteil. Wenn Kollegen Kollegen etwas zeigen, erklären oder beibringen, wirken sie als Lehrende authentisch. Kollegen sind keine "Nerds", haben keine besonderen Fähigkeiten und den gleichen Unterrichtsalltagsstress wie die anderen auch. Wenn der Kollege das kann und dafür wirbt, wirkt er (vielleicht) überzeugender als ein fremder Fachmann.
- ... wieder die Technik. Natürlich liefen einige Sessions nicht so wie geplant, weil die Technik nicht mitspielte. Dennoch haben diese Probleme es nicht geschafft, die Stimmung des Tages zu verderben.
Ausblick
Wir sind auf dem Weg. Die Kollegen wünschen sich eine lernförderliche Ausstattung und die Mehrheit (so mein Eindruck) ist bereit, den "Digitalen Wandel" Schritt für Schritt auch in den Unterrichtsalltag einzulassen. Welche Veränderungen und Chancen für die Entwicklung von Unterricht das bietet, deutete der Tag ein klein wenig an. Die Taktik der kleinen Schritte nimmt aber wahrscheinlich mehr Kolleg*innen mit.
So kann (hoffentlich bald) ein Medienkonzept mit breiter Unterstützung verabschiedet werden.
Danke!
... an die Kolleg*innen der AG Medien für ihre Unterstützung bei der Organisation und Durchführung des Tages (auch als Referent*innen)!
... an die Medienberater*innen und Kollegen aus (benachbarten) Kreisen für ihren engagierten Einsatz, ihre Flexibilität und überzeugende Präsentation!
Kommentar schreiben