Podcastangebote bestehen meist aus einer browserbasierte Software und App, um unkompliziert kurze Audioaufnahmen zu produzieren und zu teilen. Das kann in vielen Unterrichsszenarien sinnvoll und nützlich sein.
Für einen Klassiker des Deutschunterrichts habe ich ein solches Angebot mit Schüler*innen einer 5. Jahrgangsstufe genutzt: Buchvorstellungen.
"Lies doch mal mein Lieblingsbuch!" - Buchvorstellungen mit diesem Motto führe ich seit Jahren regelmäßig in den unteren Jahrgangsstufen durch. Eine Empfehlung unter Freunden ist so viel mehr wert, als der elterliche Ratschlag: "Jetzt lies doch mal!"
Klassisch erarbeiten wir zunächst gemeinsam die Merkmale einer Buchvorstellung, dann wählt jedes Kind ein geeignetes Buch aus und bereitet sich im Unterricht und zu Hause auf die Präsentation vor. Die eigentliche Empfehlung findet schließlich im Kreis der Klassenkamerad*innen statt.
Schade, dass die wertvollen Lektüretipps nur einen kurzen Moment wirken können. Dachte ich.
Bis mir ein Kollege ein Postcastangebot empfahl. Danke dafür! ;-)
Ziel des Projekts:
- Die Buchvorstellungen werden im Unterricht per App aufgenommen.
- Die gesammelten Audios stellt die Klasse der Stadtbücherei zur Verfügung.
- Interessierte Kindern und Jugendlichen können die Buchempfehlungen gleichaltriger Schüler*innen mittels QR Code hören und gleich vor Ort ein passendes Buch wählen.
Was kann ein Podcast-Angebot?
- Mit der kostenlosen Variante der Software lassen sich meist bis zu 10minütige Audios aufnehmen.
- Die Aufnahmen können innerhalb des Tools nicht bearbeitet werden. Es lassen sich aber Start und Endpunkt ändern.
- Die Aufnahme kann unterbrochen und ein weiterer Teil später am Anfang oder Ende ergänzt werden.
- Es ist möglich, ein passendes Bild zum Audio zu veröffentlichen.
Schritt für Schritt zur digitalen Buchvorstellung
1. Einstieg: Präsentation des Projekts
Die Idee, die eigene Buchvorstellung in der Stadtbücherei und im Internet einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, weckt bei den Kinder der Klasse 5 Begeisterung, wirft aber gleichzeitig auch viele Fragen auf. Diese betreffen vor allem technische, aber auch inhaltliche Aspekte.
- Inhalt: Aufbau und Inhalt der Buchvorstellung besprechen wir gemeinsam. Zur Orientierung werden die Vereinbarungen in meinem virtuellen Kursraum festgehalten.
- Technik: Da Audioboom nur in Englisch verfügbar ist, stelle ich den Schüler*innen ein Video zur Verfügung, in dem die Grundfunktionen des Programms für unser Projekt erklärt werden. (Da Audioboom nicht mehr kostenlos zur Verfügung steht, nutze ich nun Spreaker. Ein Tutorial findet sich unten.)
2. Projektpartner
Der Klasse ist es wichtig, dass die vorgestellten Bücher auch in der Stadtbücherei zu finden sind. Also schauen wir vor Ort, was die Bücherei zu bieten hat. Eine kurze Einführung durch die freundliche Mitarbeiterin motiviert zudem einige Kinder, sich einen eigenen Ausweis zuzulegen. Schöner Effekt ;-)
3. Erarbeitung und Überarbeitung der Texte
Zuhause verfassen alle ihre Buchvorstellungen, um sie im Unterricht in 4er Schreibkonferenzen zu überarbeiten, bevor die Texte dann allen Mitschülern vorgetragen werden. Die Rückmeldungen der Mitschüler sind den Kindern für die Überarbeitung der Texte sehr wichtig.
Schließlich veröffentlichen wir ja!
Außerdem müssen werbewirksam passende Coverbilder gestaltet werden. Mit etwas mehr Zeit hätte man gut fächerübergreifend arbeiten können.
4. Endlich: Aufnahme!
Dann sind wir bereit. Wir starten mit der Aufnahmephase. Ein Klassenaccout ist schnell angelegt. Jeder kennt die Zugangsdaten (Mailadresse und Passwort) und verpflichtet sich feierlich, diese nicht weiterzugeben und keinen Quatsch mit den Aufnahmen anzustellen. (Nach dem Projekt werde ich das Passwort ändern.)
- Die Audios nehmen wir im Klassenraum mit meinem Gerät auf. Alle Sprecher*innen sind hochkonzentriert. Jeder weiß, dass er mal dran kommt. So verhalten sich alle Zuhörer fair und sind mucksmäuschenstill. Wir nehmen an einem Stück auf und können nicht nachbearbeiten.
- Kinder, die sich die App auf ihr Smartphone geladen haben, sprechen ihre Buchvorstellung Zuhause auf. Manch einer wählt diese Möglichkeit, um seine Nervosität zu verringern, andere wieder sind so begeistert, dass sie alles ohne Unterstützung produzieren wollen.
5. Veröffentlichung
Innerhalb des Tools gibt es die Möglichkeit gleich eine Karte mit QR-Code, Titel der Aufnahme und dem Coverbild auszudrucken. Die Ausdrucke kleben wir auf farbiges Hintergrundpapier und laminieren sie.
Natürlich erhalten alle eine solche Karte als Ergebnis ihrer Arbeit. Einen zweiten Kartensatz überreichen die Schüler*innen der Stadtbücherei. Dort können künftig interessierte Kinder und Jugendliche die Buchempfehlungen der Klasse hören.
Feedback
Die Schüler möchten weitere Buchvorstellungen im Unterricht produzieren. Sie sind begeistert von der Reichweite ihrer Arbeit und von den vielen positiven Rückmeldungen durch Freunde und Verwandte.
Damit steigt aber auch der Anspruch an die Qualität der Buchvorstellungen. Die Schüler*innen entwickeln mehr und mehr ein Gefühl für sprachliche Formulierungen und einen lebendigen Ausdruck.
Resümee
Unterricht macht immer Spaß, wenn alle Schüler*innen so motiviert mitarbeiten.
Dass Bearbeitungsmöglichkeiten innerhalb des Tools fehlen, hat sich als ziemlich hilfreich erwiesen, denn alles andere hätte mehr Zeit gekostet. Der Arbeitsprozess verlief so recht zügig.
Bestimmt ergibt sich bald eine neue Einsatzmöglichkeit. Vielleicht schreiben und vertonen wir ja demnächst Gedichte und verschenken die Audios zu Weihnachten ...
Spreaker-Tutorial
Kommentar schreiben
Herr Mess (Samstag, 09 September 2017 11:49)
Ich kann AudioBoom auch sehr für den Fremdsprachenunterricht empfehlen. Schüler können sich gegenseitig ihre Audios anhören und Kommentare zur Aussprache machen. In der Oberstufe wunderbar geeignet, um in der Vorbereitung auf mündliche Schulaufgaben Mock Exams aufzunehmen und hinterher mit der Schülergruppe zu analysieren.
Frau Sonnig (Samstag, 09 September 2017 13:18)
Danke für die Ergänzung (.. und den ersten Kommentar!!! ;-)
Ich möchte mal Einsatzmöglichkeiten sammeln. Für die Inklusionskinder ist es ein wunderbares Tool, wenn ich zum Beispiel Texte für den Unterricht einlese. Hören fällt manchen leichter als lesen. Aufgaben können auch als Audioaufnahme statt schriftlich präsentiert werden. Das Ergebnis ist so vielleicht ausführlicher.