LdL 2.0 - Projekt: ErklärSnacks

Jedes Unterrichtsfach beinhaltet bei Schüler*innen unbeliebte Themen. Gerade bei diesen ist es besonders wichtig, den Unterricht motivierend zu gestalten. Doch bei "trockenen Stoff" ist das leichter gesagt, als getan. Wenn der Lerninhalt selbst nicht reizt, sollte es zumindest der Arbeitsprozess. Als Motivationsjocker setze ich in dieser Unterrichtsreihe auf: Teamarbeit, Produktorientierung und digitale Geräte. Konkret bedeutet dies: das seit den 1980er Jahren bewährte Unterrichtskonzept Lernen durch Lehren wird digital umgesetzt. 


Fachliches Lernziel der Unterrichtsreihe ist Kompetenzbereich 3.4 "Sprachliche Formen und Strukturen in ihrer Funktion reflektieren" des Kernlehrplans Deutsch G8 NRW. Als Teilkompetenz 5 wird beschrieben: 

(Satzbauformen untersuchen und beschreiben, sie fachlich richtig bezeichnen; komplexe Satzgefüge bilden - Satzglieder, Gliedsätze – Subjektsatz, Objektsatz, Adverbialsatz, Attributsatz – und Satzverbindungen - Wirkungen von Satzbau-Varianten, Gliedsatz-Varianten unterscheiden und ausprobieren)

Es geht also um Fachwissen, das häufig durch direkte Instruktion vermittelt wird. Diese Instruktion zumindest teilweise in die Hände der Schüler*innen zu legen, ist die Idee des Projekts. Die Methode ist natürlich auf andere Fächer und Inhalte übertragbar.

Da mit Tablets gearbeitet und ein digitales Produkt erstellt wird, werden auch verschiedene Kompetenzbereiche des Medienkompetenzrahmens NRW (MKR) gefördert. Im Fokus stehen besonders: 

  • Bedienen und Anwenden (MKR 1.2)
  • Informieren und Recherchieren (MKR 2.2)
  • Produzieren und Präsentieren (MKR 4.1, 4.2, 4.3. 4.4) 

Grammatikprojekt: Erklär mir - Sätze!

Projektauftrag:

Die Schüler*innen der Klasse erstellen in Dreierteams einen Grammatik-Snack für die Mitschüler*innen der gesamten Jahrgangsstufe. In diesem wird die vorgegebene Satzart adressatengerecht erklärt. Als Add-on ist es möglich, eine passende LearningApp zu kreieren. 

I. Vorbereitung, Material und Organisation

Alle notwendigen Informationen werden auf einem Projekt-Padlet zusammengefasst und den Schüler*innen erläutert. Dazu zählen:

  1. Projektskizze mit genauer zeitlicher Abfolge aller Arbeitsschritte
  • Beschrieben wird zunächst der Projektauftrag.
  • Schritt für Schritt wird skizziert, wie die Umsetzung erfolgen soll. Nach meiner Erfahrung neigen Jugendliche dazu, sich sogleich auf die Tablets zu stürzen und mit der Produktion zu beginnen. Daher werden sie zu einer planmäßigen, strukturierten Vorgehensweise angeleitet. Was später digital umgesetzt werden soll, erfolgt zunächst analog, d. h. die Lernenden erklären sich in ihrer Kleingruppe gegenseitig das Thema, beobachten und reflektieren das Gespräch und notieren gelungene Erklärschritte, Formulierungen, Beispiele, aber auch Rückfragen und sich ergebende Schwierigkeiten.
  • Zu Projektbeginn muss allen Schüler*innen klar sein, was von ihnen erwartet wird. Da das Ergebnis der gesamten der Jahrgangsstufe zur Verfügung gestellt werden soll, es also veröffentlicht wird, müssen Urheber- und Lizenzrechte (MKR 4.4) beachtet werden.
  • Um einen guten Learningsnack zu erstellen, muss man sich klar machen, was einen guten Snack ausmacht (MKR 4.1). Man braucht also Qualitätskriterien. Diese lassen sich gemeinsam mit der Lerngruppe erarbeiten, indem exemplarisch verschiedene Learningsnacks  analysiert werden (vgl. 2). Die auf dieser Grundlage erstellte Bewertungsgrundlage  ist für alle transparent und auf dem Padlet abrufbar. Aus Zeitgründen kann auch eine vorbereitete Bewertungsgrundlage präsentiert und ggf. nach Diskussion mit der Lerngruppe überarbeitet werden.
  • Um zielgerichtetes Arbeiten zu unterstützen, wird das Zeitfenster für das Projekt eng gesteckt und klar definiert.

2. Vorstellung der Tools 

  • Mit einem gemeinsamen Account, den ich als Lehrerin anlege, lassen sich zeitgleich verschiedene Learningsnacks erstellen. Die Schüler*innen benötigen lediglich die Zugangsdaten, welche ebenfalls auf dem Padlet hinterlegt sind. Theoretisch ist es ihnen möglich, "spaßeshalber" das Passwort zu ändern. Allerdings wird dazu eine Mail an die hinterlegte Adresse versendet, so dass man als Lehrkraft immer die Kontrolle über den Account behält. Die Situation ergab sich jedoch erst gar nicht, da alle am Gelingen des Projekts interessiert waren. (Achtung: Unter dem gemeinsamen Account kann ein Snack nicht gleichzeitig von mehreren Geräten aus bearbeitet werden.)
  • Anhand ausgewählter Beispiel-Snacks erfahren die Schüler*innen, welche Möglichkeiten LearningSnacks bieten. Diese Snacks können auch der Erarbeitung von Beurteilungskriterien (vgl. 1) dienen. 
  • Als Add-on dürfen LearningApps zur Einübung des Lerninhalts der Snacks erstellt werden. Dazu nutzen die Schüler*innen einen von der Lehrerin erstellen Account. Auch hier benötigen sie keine persönlichen Zugangsdaten. Beispiele für LearningApps sind ebenfalls auf dem Padlet zu finden. 
  • Auf eine ausführliche technische Anleitung zur Erstellung von LearningSnacks bzw. LearningApps wird weitgehend verzichtet. Die Jugendlichen sind herausgefordert sich diese Tools selbst intuitiv zu erschließen. Das klappt zumeinst schnell und reibungslos. Ich unterstütze natürlich bei Bedarf. 

3. Gruppenarbeit

  • Die Einteilung in Gruppen bietet die Chance der Differenzierung. Für dieses Projekt wird weitgehend leistungshomogenen Teams ein Thema zugeteilt.
  • Die Differenzierung erfolgt über das bereitgestellte Material
    • Als Grundlage der Erarbeitung werden die Schüler*innen auf die entsprechenden Schulbuchseiten verwiesen.
    • Zusätzlich werden geeignete Webseiten zur angeleiteten Internetrecherche angegeben (MKR 2.2). Hier kann die Differenzierung über Art, Anzahl und Anspruch der Darstellung (Website, Video) erfolgen.
    • Natürlich ist die freie Internetrecherche möglich, wird von dieser Gruppe (aus Zeitgründen?) jedoch kaum genutzt. 
  • Die Namen der Mitglieder werden auf dem Padlet durch Pseudonyme ersetzt. 

Mit Padlet erstellt

III. Durchführung

 1. Erarbeitung

  • Zur Einführung ins Projekt wird das Padlet als Grundlage genutzt. Dazu wird eine Unterrichtsstunde benötigt. Die Klasse arbeitet zum ersten Mal mit Learningsnacks. Sollen die Bewertungskriterien gemeinsam erarbeitet werden, würde ich dafür eine zusätzliche Stunde einplanen.
  • In der folgenden Stunde beginnen die Schüler*innen mit der Erarbeitung ihres Themas. In Einzel- oder Partnerarbeit eignen sie sich ein erstes Verständnis des Fachinhalts an. Für Fragen stehen Mitschüler*innen und die Lehrerin zur Verfügung. Was in dieser Stunde nicht geschafft wird, muss Zuhause erledigt werden. 
  • Nun startet das Projekt: um das erste Verständnis zu vertiefen und ein Skript, in diesem Fall eine Produktskizze, zu entwerfen, erklärt jeweils ein Mitglied einem anderen das Thema. Das Gespräch wird von den anderen Gruppenmitgliedern beobachtet und festgehalten, welche Erklärschritte, Rückfragen, Beispiele und Schwierigkeiten sich ergeben. Auf dieser Grundlage wird eine stichpunktartige Skizze des Learningsnacks entworfen. Bevor es an die digitale Umsetzung geht, werfe ich einen Blick auf die Skizze und gebe ggf. Hinweise und Tipps.
  • Auf Basis der Produktskizze funktioniert die Erstellung der LearningSnacks relativ zügig. Die Lerngruppe arbeitet an verschiedenen Orten im Schulgebäude selbstständig. Bei sachlichen, gestalterischen oder inhaltlichen Fragen unterstütze ich die Lernenden. 

2. Überarbeitung

 

  • Die fertigen Snacks werden gemeinsam mit Bewertungsbögen an die Lerngruppe verteilt. Jede Gruppe ist beauftragt, fremde Snacks durchzuspielen und zu notieren, was gelungen ist und wo sich noch Fragen ergeben. Auch die Art der Darstellung wird kommentiert.
  • Am Ende der Stunde erhält so jede Gruppe verschiedene Feedbacks anderer Gruppen. 
  • Anschließend werden im Plenum allgemeine Beobachtungen reflektiert und Tipps formuliert:
    • Was funktionierte gut?
    • Welche Schwierigkeiten ergaben sich?
    • Worauf muss man achten?
  • Aufgabe für die nächste Stunde ist es, den eigenen Snack zu überarbeiten und dabei die Hinweise umzusetzen.

III. Bewertung

  • Um die LearningSnacks zu bewerten, mache ich zunächst Screenshots und korrigiere diese ganz klassisch mit Rotstift. Für die Gruppe lade ich die Datei anschließend in ein Korrekturpadlet. Jeder Screenshot wird dort von mir durch Kommentare zum Inhalt und zur Gestaltung ergänzt. Das Korrekturpadlet ist passwortgeschützt und nur für die jeweilige Gruppe verfügbar. Die Namen der Gruppenmitglieder werden nicht genannt.
  • Auf dem bekannten Bewertungsbogen erhalten die Schüler*innen die Projektbewertung.

  • Schließlich könnten die korrigierten und z. T. überarbeiteten Snacks veröffentlicht und den Mitschüler*innen zur Verfügung gestellt werden. Sie dienen ihnen zur Erarbeitung des Stoffs und zur Vorbereitung auf die Klassenarbeit.



IV. Reflexion

  • Die Schüler*innen waren nach eigener Einschätzung motiviert, arbeiteten konzentriert und beschäftigten sich intensiv mit ihrem Thema. 
  • Auch mit Inhalt und Gestaltung  der zu beurteilenden Snacks anderer Gruppen wurde sich in der Feedbackphase intensiv auseinandergesetzt und dabei weitere Themen inhaltlich erarbeitet. 
  • Der zeitliche Rahmen war angemessen. Die Produkte konnten innerhalb einer Woche erstellt werden und standen nach zwei weiteren Stunden Überarbeitung und der Korrektur durch die Lehrerin zur Verfügung.
  • Bedeutsamkeit erhielt das Projekt durch die Veröffentlichung des Produkts. 
  • Als herausfordernd stellte sich die Umsetzung der Textfunktion dar: die Jugendlichen tendieren dazu, monologisierende Erklärungen mit geringer Interaktionsmöglichkeit zu verfassen. Ein Wesensmerkmal der "Textsorte" Learningsnacks ist jedoch die Interaktivität. Zudem macht die Formulierung von Aufgaben oder Fragen eine intensive Auseinandersetzung mit dem zu vermittelnden Inhalte notwendig und sichert so nicht nur das Verständnis der Rezipient*innen, sondern auch das der Produzent*innen. 
  • Bei der formalen Gestaltung erwiesen sich die korrekte Formatierung und Rechtschreibung als schwierig. 
  • Learningsnacks bietet begrenzte Möglichkeiten Texten eine optische Struktur zu geben. Zur Verfügung stehen Absätze, Fettschrift oder die Gliederung in Beiträge. Die sinnvolle optische Gestaltung setzt eine gedankliche Auseinandersetzung mit dem darzustellenden Inhalt voraus und erleichtert das Verständnis der Nutzer*innen. Nicht alle Gruppen gelang es, die vorhandenen Möglichkeiten adäquat zu nutzen.
  • Im weiteren Unterrichtsverlauf wurden Funktion und Wirkung der Satzarten an unterschiedlichen Texten vergleichen und diskutiert.

Fazit

Wir würden es wieder tun - da sind sich alle Beteiligten einig. Die Erarbeitung der Satzarten mit dem Ziel eines Learningsnacks war motivierend und führte gleichzeitig zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsstoff. Das Ergebnis wird von den Parallelklassen genutzt und erfährt so Anerkennung. Die Learningsnacks helfen allen bei der Wiederholung des Stoffs und der Vorbereitung auf die Klassenarbeit. 

 

Allerdings merken die Schüler*innen auch an, dass sie sich methodisch herausgefordert fühlten. Die relativ selbstständige Erarbeitung des Lerninhalts und der neuen Tools und der besondere Anspruch des Formats "Learningsnack" fallen beim nächsten Mal bestimmt schon leichter.  



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